Schätzungsbefugnis (Definition und Bedeutung)

Schätzungsbefugnis im Steuerrecht

Die Schätzungsbefugnis spielt eine zentrale Rolle im deutschen Steuerrecht, insbesondere wenn steuerpflichtige Bürger oder Unternehmen nicht in der Lage sind, ihre Einkünfte oder Ausgaben ordnungsgemäß nachzuweisen. Dabei handelt es sich um ein Rechtsinstitut, das es Finanzbehörden ermöglicht, Steuerpflichtige zu schätzen, wenn die üblichen Nachweismethoden aufgrund unzureichender Unterlagen nicht anwendbar sind. In diesem Artikel erfahren Sie alles Wichtige zur Schätzungsbefugnis: was sie bedeutet, wie sie funktioniert und welche rechtlichen Grundlagen ihr zugrunde liegen.

Was ist die Schätzungsbefugnis?

Im Rahmen der Schätzungsbefugnis können die Finanzbehörden im Einklang mit § 162 der Abgabenordnung (AO) die zu versteuernden Einkünfte oder die Höhe der abzugsfähigen Ausgaben schätzen, wenn ein Steuerpflichtiger seiner Mitwirkungspflicht nicht nachkommt oder die vorgelegten Unterlagen unvollständig sind. Diese Ermessensentscheidung erfolgt auf Basis der besten verfügbaren Informationen und unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls.

Rechtsgrundlage der Schätzungsbefugnis

Die Grundlage für die Schätzungsbefugnis bildet das deutsche Steuerrecht, insbesondere die Abgabenordnung (AO). § 162 AO legt fest, dass das Finanzamt in bestimmten Fällen zur Schätzung berechtigt ist, etwa:

  • Wenn ein Steuerpflichtiger keine oder fristgerecht keine Steuererklärung abgibt.
  • Wenn die abgegebene Steuererklärung auf unzureichenden oder unbelegten Angaben beruht.
  • Im Falle von unvollständigen oder fehlerhaften Buchführungsunterlagen.

Wie erfolgt die Schätzung?

Die Schätzung erfolgt in der Regel nach dem Ermessen des Finanzamtes und orientiert sich an den bestehenden Vorschriften. Hierbei können verschiedene Methoden zur Anwendung kommen:

  • Vergleichsmethode: Diese Methode nutzt die Angaben ähnlicher Steuerpflichtiger oder Branchenstatistiken als Grundlage.
  • Erfahrungswerte: Hierbei wird auf Durchschnittswerte vorrangegangener Steuerjahre zurückgegriffen.
  • Kalkulationsmethode: Diese Methode konsolidiert alle möglichen Einnahmen und Ausgaben und kalkuliert diese auf Basis betrieblicher Gegebenheiten.

Welche Rechte hat der Steuerpflichtige?

Steuerpflichtige haben das Recht, gegen eine Schätzung Einspruch einzulegen, wenn sie der Meinung sind, dass diese unzureichend oder fehlerhaft ist. Dies muss innerhalb eines Monats nach Erhalt des Bescheids geschehen. Zudem haben sie das Recht, ihrer Mitwirkungspflicht nachzukommen, um eine Schätzung zu vermeiden.

Relevanz für Unternehmer

Besonders für Unternehmer kann die Schätzungsbefugnis schwerwiegende finanzielle Konsequenzen haben. Eine nicht transparente Buchführung kann zu einer höheren Steuerschätzung führen, was letztlich die Liquidität des Unternehmens gefährden kann. Daher ist es ratsam, sich bereits frühzeitig um eine ordnungsgemäße Buchführung zu kümmern.

Anschauliches Beispiel zum Thema: Schätzungsbefugnis

Stellen Sie sich vor, ein kleines Restaurant hat in einem Jahr Schwierigkeiten, relevante Unterlagen wie Rechnungen und Buchungsnachweise für bestimmte Ausgaben vorzulegen. Trotz mehrfacher Aufforderung reagiert der Inhaber nicht. Das Finanzamt, aufgrund der unvollständigen Unterlagen, muss nun eine Schätzung der Umsätze und damit verbundenen Steuerpflichten vornehmen. Die Schätzung wird auf der Basis von Zahlen aus Vorjahren und Branchenvergleichen durchgeführt, was zu einer höheren Steuerlast führt, als sie möglicherweise bei ordnungsgemäßer Nachweisführung entstanden wäre.

Fazit

Die Schätzungsbefugnis ist ein wichtiges Instrument im Steuerrecht, das Finanzbehörden hilft, Steuerschätzungen bei unzureichenden Informationen vorzunehmen. Steuerpflichtige sollten die Bedeutung einer korrekten Buchführung und die Verantwortung, die sie damit tragen, nicht unterschätzen. Es empfiehlt sich, bei Unsicherheiten rechtzeitig steuerliche Beratung in Anspruch zu nehmen, um unangenehme Überraschungen zu vermeiden. Daher ist es auch sinnvoll, die Kosten und Aufwendungen, die im Rahmen von Betriebsausgaben anfallen, stets genau zu dokumentieren.

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